Die Handflächen sind verschwitzt, die Knie schwach, die Arme schwer. Es ist nervös, aber an der Oberfläche wirkt es ruhig und bereit. Das Kind muss in der Schule eine Präsentation vor der Klasse halten. Was schon für manche Erwachsene eine Herausforderung darstellt, ist für viele Kinder ein wahr gewordener Albtraum. Wie Eminem es in seinem Rapsong „Lose Yourself“ am besten beschreibt, ist die Angst zu versagen, das, was uns am meisten davon abhält Großes zu erreichen. Im Fall eines Schulkindes können dies die gute Mitarbeitsnote, neue Freundschaften und viele großartige Möglichkeiten sein.
VISAKI dockt dort an, wo Lücken entstehen
Wo traditionelle Therapie für Kinder an ihre Grenzen stößt, sieht das Projekt „Virtuelle Interaktion zur Förderung der mentalen Gesundheit von sozialen Angststörungen bei Kindern“ (kurz: „VISAKI“) sich als ergänzende Therapieform. Schon lange gibt es im Freistaat und im Rest von Deutschland nicht genügend Therapieplätze für den stetigen Bedarf. Besonders in ländlichen Gebieten kommt es zu erheblichen Versorgungslücken, wenn man mindestens 80 km zur nächstgelegenen Therapeutin oder Therapeuten fahren muss. An dieser Stelle gibt es bislang keine vernünftige Lösung oder Entlastung für betroffene Familien. Wer schließlich die Odyssee zu einem Therapieplatz meistern konnte, dem fehlt es aufgrund mangelnder Kapazitäten oft an einer Verknüpfung von Gesprächstherapie mit praktischer Umsetzung im (Schul-)Alltag. Aus demselben Grund kann es oftmals passieren, dass zwischen den Sitzungen zu viel Zeit vergeht und Fortschritte nur schleppend gelingen.
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Bereits in der Pilotphase wird eng mit Kindern und ihren Eltern zusammengearbeitet, um den Bedarf möglichst genau zu prüfen.
Um diese Probleme bestmöglich zu bewältigen, verfolgt das an der Fakultät European Campus Rottal Inn (ECRI) angesiedelte Projekt VISAKI das Ziel, spielerische digitale Therapieunterstützung für Kinder mit sozialer Angststörung im Alter von acht bis zwölf Jahren zu entwickeln. Das dreiköpfige Forschungsteam, bestehend aus Prof. Dr. Thomas Spittler und den beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Lena Gürster und Corinna Pippirs, arbeitet seit Mitte 2025 an diesem neuartigen Therapieansatz. Im Fokus des Projekts steht eine Gamification-Plattform mit Multi-User-Ansatz, die spielerisch therapeutische Prozesse begleiten und Kindern helfen soll, soziale Interaktionen angstfreier zu erleben. Das Forschungsteam ist sich sicher: „Die Kinder selbst sind unsere wichtigsten Expertinnen und Experten. Ihre Rückmeldungen zeigen uns, welche Spielmechaniken motivieren, was abschreckt und wie digitale Angebote sicher und kindgerecht gestaltet sein müssen.“ Der Mehrwert, den VISAKI bringt, ist die unterstützende Therapie in einem geschützten VR-Raum, bei dem die Kinder als Avatare in einer spielerischen Umgebung Situationen aus dem Alltag üben können, ohne die Sorge, falsch wahrgenommen zu werden.
So geht es mit dem Projekt weiter
Die Bedarfsanalyse befindet sich in den letzten Zügen. Es wird mit Kindern und ihren Eltern gearbeitet, der Bedarf erfasst und analysiert. Im weiteren Verlauf des Projektes werden die Ergebnisse der Bedarfsanalyse von einer externen Firma verarbeitet. Diese entwickelt daraus einen Prototyp der VR-Anwendung, den das Forschungsteam an die beteiligten Versuchspersonen trägt. In diesem Schritt werden praktische Versuche vorgenommen, die die zugrundeliegende Forschungsfrage beantworten sollen. Für die Forschenden und die Familien der betroffenen Kinder könnte die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Angebotes den Weg in die Therapie deutlich erleichtern und den belastenden Weg aus der sozialen Angststörung heraus nachhaltig unterstützen.